Wer ist mit Narzissten befreundet?
In den Vorwahlen der USA geht es immer wieder um eine ganz besondere Person – Donald J. Trump. Milliardär, Immobilienmogul und möglicher Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Und laut einiger Ferndiagnosen: (auch) Narzisst. Es werden sogar Videoaufnahmen von Mr. Trump archiviert, um sie als Lehrmaterial benutzen zu können.
Ob diese Ferndiagnose moralisch zu vertreten ist, spielt in diesem Artikel keine Rolle. Was allerdings eine Rolle spielt, ist die Frage, ob jemand wie Mr. Trump enge Freunde hat, die ihn über viele Jahre begleiten. Wenn ja, was sind das für Personen? Haben sie ähnliche Persönlichkeitsmerkmale wie Mr. Trump? Oder sind sie das genaue Gegenteil von ihm? Um genau zu sein, haben Narzissten „beste Freunde“?
Die Ergebnisse einer Studie legen nahe, dass Narzissten sich Gleichgesinnte als engere Freunde aussuchen.
Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Vorab ist wichtig zu wissen, was überhaupt einen Narzissten kennzeichnet. Das Störungsbild nennet sich im ICD-10 „Narzisstische Persönlichkeitsstörung“. Menschen, die unter dieser Störung leiden, haben oft ein Gefühl der Grandiosität bezüglich ihrer eigenen Wichtigkeit. Sie fantasieren über ihren, scheinbar grenzenlosen, Erfolg und ihre Macht. Ihre „Erfolge“ stellen sie gern übertrieben in den Vordergrund und verlangen bewundert zu werden. Wenn man eine engere Beziehung zu einem Narzissten pflegt, im beruflichen Kontext beispielsweise, stehen die Chancen hoch, dass man irgendwann mal ausgebeutet wird. Typisch Narzisst. Charakteristisch für Narzissten ist auch ein Mangel an Empathie und ein leicht angreifbares Selbstwertgefühl.
Was viele Menschen mit Narzissmus in Verbindung bringen ist die Eigenschaft des Egozentrismus. Narzissten wirken oft arrogant und sehen sich selbst als Zentrum des Universums. Wer das Zentrum des Universums ist, muss natürlich auch was leisten. Ihnen fehlt es nicht an Ehrgeiz. Dieser Ehrgeiz ist allerdings so stark ausgeprägt, dass er häufig zu einer krankhaften Erschöpfung führt. Wenn es soweit kommen würde, werden sich „Nicht – Narzissten“ wahrscheinlich eingestehen, dass ihr Ehrgeiz nicht unbedingt sehr gesund ist. Narzissten allerdings suchen die Gründe für das Auftreten dieser Erschöpfung überall, nur nicht bei sich selbst. Die Arbeitsumstände, andere Mitarbeiter, der Chef oder die private Situation Zuhause werden als Ursache gesehen.
Es könnte der Eindruck entstehen, dass Narzissten so gesehen ziemlich glücklich sein müssten. Das Problem für sie ist jedoch das hohe Maß an Egozentrismus, denn das sorgt dafür, dass ihr Selbstbewusstsein auf sehr wackeligen Beinen steht. Sie reagieren extrem gereizt, wenn sie kritisiert werden. Ein Gefühl der inneren Leere und der Unfähigkeit kann dadurch ausgelöst werden..
Ein Narzisst scheint also nicht unbedingt der angenehmste Freund zu sein, den man sich vorstellten kann. Eine enge Freundschaft, die über viele Jahre besteht, könnte sich durch die oben genannten Eigenschaften ziemlich schwierig gestalten. Doch ein Narzisst kann auch sehr charismatisch, lebendig und sympathisch sein. Und zwar in Situationen, in denen er etwas erreichen möchte. Narzissten wissen, wie man Menschen manipuliert. Ist dies gerade nicht ihre Absicht, sind sie wieder gewohnt distanziert, kühl und abweisend.
Die methodische Herangehensweise
Was haben sich nun die Forscher gedacht, die sich fragen, mit wem Narzissten befreundet sind? Aufgrund der Tatsache, dass vergangene Forschung sich größtenteils auf die sozialen Interaktionen von Narzissten, entweder mit fremden Menschen oder Liebespartnern, konzentriert hat, wurde nun die Beziehung zwischen Narzissten und ihren Freunden erforscht. Hierzu haben sie eine Studie konzipiert, in der 290 Freundespaare untersucht wurden. Um die Persönlichkeitsmerkmale der Versuchspersonen zu erfassen, wurden mit ihnen zwei psychologische Tests durchgeführt. Der NEO-PI-R wurde gewählt, um die „Big Five“ zu erfassen. Letzteres ist ein Modell, welches fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit beschreibt: Extraversion, Neurotizismus, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Narzissmus ist Teil der sogenannten „Dunklen Triade“. Die Dunkle Triade besteht aus den drei Persönlichkeitstypen Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus. Machiavellisten manipulieren andere Menschen, haben kein Mitgefühl anderen gegenüber und streben nacht Macht. Moral und Gesetze sehen sie nicht als Hürde. Psychopathen sind impulsiv, empathielos, sehr risikobereit und haben keine Angst vor möglichen Konsequenzen. Um die Konstrukte der Dunkeln Triade zu erfassen wurden respektiv die Tests NPI, MACH-IV und SRP-III gewählt und durchgeführt .
Die Freundschaft mit einem Narzissten
Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Narzissten tatsächlich ähnliche Persönlichkeitsstrukturen haben, wie ihre Freunde. Es stellte sich heraus, dass nicht nur die „Big Five“ ähnlichen Ausprägungen bei den Narzissten und ihren Freunden bestehen, sondern auch die Komponenten der Dunklen Triade. Ergo, ähnliche Ausprägung des Konstruktes Narzissmus bei den jeweiligen Freundespaaren. Es kann also behauptet werden, dass Narzissten eher dazu bereit sind mit Leuten, die ihnen ähnlich sind, langfristige Beziehungen aufzubauen. Gleich und Gleich gesellt sich gern. Sie sind ihren eigenen „negativen“ Eigenschaften gegenüber weitaus toleranter als nicht-Narzissten. Es wird auch spekuliert, dass Narzissten andere Narzissten nicht als Bedrohung für ihr Selbstwertgefühl sehen. Die beiden Parteien funktionieren als ihre eigene Gruppe, die ihre negativen Verhaltensweisen nicht gegen sich selbst, sondern gehen Außenstehende richten. Sie müssen diesen Verhaltensweisen auch nicht dem anderen gegenüber rechtfertigen. Sie arbeiten quasi als Team, um ihre Ziele zu erreichen. Wenn sie erfolgreich sind, erkennen sie das auch an. Somit wird dieses Bedürfnis bewundert zu werden auch befriedigt. Die Freundschaft kann sich über viele Jahre strecken, solange die beiden Narzissten sich nicht als Bedrohung sehen. Abgesehen davon scheint es sonst keine großen Faktoren zu geben, die eine Freundschaft zwischen Narzissten zerstören könnte.
Die Studie zeigt uns also, das Narzissten tatsächlich die Fähigkeit besitzen eine langfristige Freundschaft aufrecht zu erhalten. Sie sind mit Gleichgesinnten befreundet. Mit Menschen, die eine ähnliche Persönlichkeitsstruktur aufweisen und nicht als Bedrohung wahrgenommen werden. Sie unterstützen sich gegenseitig, bieten einander eine Umgebung, in der sie sich wohl fühlen und ihr Selbstwertgefühl bestärkt und nicht bedroht wird. Klingt wie eine ziemlich harmonische Freundschaft.
Zu diesem Thema haben wir auch ein Video erstellt:
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