Wie dich Videospiele durch Verstärker erziehen

Früher habe ich eigentlich täglich am Computer gespielt. Hauptsächlich Counterstrike 1.6 aber auch andere Spiele habe ich, vor allem am Wochenende, durchspielen können. Dann, mit dem Eintritt in das Berufsleben und dem Beginn des Studiums, habe ich die Spielewelt ein wenig aus den Augen verloren. Klar, spielte ich am Wochenende noch regelmäßig mit den alten Freunden aus der Heimat, aber mehr als ein paar Stunden am Freitag und Samstag waren es dann auch selten. Dadurch sind die meisten Trends und Entwicklungen an mir vorbei gezogen. Neulich hat es mich dann allerdings wieder in den Fingern gekribbelt und ich hatte wieder Lust in den Wettbewerb zu treten, kaufte mir Counter Strike Global Offense und fing an zu spielen. Einiges hat sich verändert, vor allem, dass die Spieler nun durch Verstärker effektiv zum weiterspielen erzogen werden.

Hier habe ich dann so langsam gemerkt, dass sich die Welt des Onlinespielens gewaltig veränderte. Am Ende der Runde erhielten Spieler plötzlich Preise. Diese Preise konnten Waffendesigns, sogenannte Skins, oder Aufkleber sein, die man dann selber nutzen kann um seine Waffen zu individualisieren. Wenn man besonders viel Glück hat bekommt man eine Kiste mit einem Überraschungsgeschenk. Der Clou an diesen Preisen ist, dass man sie auf einem internen Marktplatz verkaufen kann, gegen echtes Geld. Der Clou für die Spieleplattform ist allerdings auch, dass man Geld bezahlen kann um sich besondere Skins zu kaufen oder einen Schlüssel zu erwerben um die eben genannte Kiste öffnen zu können. Dieser Schlüssel kostet ungefähr 2.50€ und in der Kiste können sich Skins im Wert von mehreren hundert Euro befinden.

Als Psychologiestudent schlug mein Herz ein wenig höher, denn die oben beschriebenen Belohnungen der Spieler sind nichts anderes als die Ausnutzung altbekannter psychologischer Effekte. Besonders der Effekt der operanten Konditionierung.

Konditionierung

Bei Konditionierung fällt vielen bestimmt zuerst Pawlows Hund ein. Pawlow setzte einem Hund in einem Experiment Futter vor die Nase, wodurch der Speichelfluss des Hundes erhöht wurde. Gleichzeitig schlug Pawlow eine Glocke. Dieses Vorgehen zog sich einige Tage hin. Pawlow stellte also das Futter vor den Hund und ließ die Glocke ertönen. Nach einiger Zeit lies Pawlow das Futter allerdings weg und lies nur noch die Glocke erklingen und es zeigte sich, dass der Hund ebenfalls erhöhten Speichelfluss zeigte. Als würde das Essen vor seiner Nase stehen. Der Hund hat also eine natürliche Reaktion auf einen Reiz (das Futter) auf einen anderen Reiz (die Glocke) übertragen. Pawlow hat ihn auf den Glockenschlag konditioniert. Diese Form der Konditionierung nennt sich klassische Konditionierung.

Die operante Konditionierung versucht durch Lob oder Bestrafung bestimmte Verhaltensweisen häufiger oder seltener auftreten zu lassen. Es gibt dabei zwei Formen von Verstärkern, Primäre Verstärker und Sekundäre Verstärker. Primäre Verstärker sind in der Regel von Geburt an angelegt, so wird die Stillung von Durst durch Trinken immer positiv erlebt, gleichfalls die Verringerung von Hunger durch Essen. Gleichzeitig werden Schmerzen in der Regel immer als negativ angesehen. Der Sekundäre Verstärker muss hingegen zuerst gelernt werden, das beste Beispiel hierfür ist meiner Meinung nach Geld. Ein 10€ Schein beispielsweise ist in seiner Reinform ein Stück buntes Papier. Nahezu wertlos. Allerdings haben wir uns als Gesellschaft darauf geeinigt, dass dieses bunte Papier einen Wert repräsentiert. Dass man damit beispielsweise ungefähr 23 Brötchen oder zwei Kisten Wasser kaufen kann. Geld kann also genutzt werden um eine operante Konditionierung durchzuführen. Gleichsam gilt dies allerdings auch für viele andere Reize wie Süßigkeiten. Schokolade ,zum Beispiel, empfinden wohl die Meisten als etwas Gutes.

Verstärker und Bestrafung

Verstärker und Bestrafung können nun in unterschiedlicher Art und Weise verwendet werden:

Positive Verstärkung

Die Positive Verstärkung zielt darauf ab, das Auftreten eines bestimmten Verhaltens zu erhöhen, indem das gewünschte Verhalten mit einem angenehmen / positiven Reiz verbunden wird. Man bekommt beispielsweise immer ein neues Item für sein Spiel, wenn man eine Stunde lang spielt.

Negative Verstärkung

Die Negative Verstärkung wird häufig mit Schmerzen oder negativen Reizen verbunden. Das ist ein relativ weit verbreiteter Irrglaube. Die Negative Verstärkung versucht das Auftreten eines bestimmten Verhaltens zu erhöhen, indem das positive Verhalten das Auftreten eines negativen Reizes verhindert. Manche Spiele muss man beispielsweise regelmäßig Spielen, weil ansonsten der Fortschritt zerstört wird und man wieder von vorne anfangen müsste. Durch das gewünschte Verhalten (spielen des Spiels) wird also das Auftreten des negativen Reizes (Vernichtung des Spielfortschritts) verhindert.

Positive Bestrafung

Wenngleich sich dies zunächst etwas befremdlich anhört, gibt es auch die Positive Bestrafung. Sie soll unerwünschtes Verhalten reduzieren, indem man einen unangenehmen oder schmerzhaften Reiz darbietet, wenn dass unerwünschte Verhalten auftritt. Beispielsweise verliert man Erfahrungspunkte oder Gegenstände wenn man gegen die Spielregeln verstößt.

Negative Bestrafung

Die negative Bestrafung möchte die Auftretenswahrscheinlichkeit von unerwünschtem Verhalten reduzieren. Um das zu erreichen muss auf das Auftreten des unerwünschten Verhaltens der Wegfall von positiven Reizen folgen. Es könnten erarbeitete oder erbeutete Gegenstände aus dem Inventar der Spieler entfernt werden, wenn diese gegen die Spielregeln verstoßen.

Kein mir bekanntes Spiel verwendet alle vier Arten von Verstärkern zur selben Zeit. In der Regel wird einer verwendet, dieser aber dann relativ dicht ins Spiel mit eingebunden. Jedoch kann man mit einem Verstärker ebenfalls noch einiges an Variationen erzeugen. In der Psychologie nennt sich das Verstärkerpläne.

Verstärkerpläne

Verstärkerpläne sind eine Möglichkeit die Kopplung von gezeigtem Verhalten und Verstärker oder Bestrafung zu variieren. Die einfachste Kopplung wäre, dass jedes mal, wenn das gewünschte Verhalten gezeigt wird, eine Positive Verstärkung durchgeführt wird. Also jedes mal, wenn jemand eine komplette Runde Counterstrike gespielt hat, einen Skin oder eine Kiste zu verschenken. Diese Art des Verstärkerplans wird Kontinuierliche Verstärkung genannt. Diese kann natürlich eine hohe Lernkurve vorzeigen, man lernt schnell, welches Verhalten gewünscht ist. Sie hat allerdings den Nachteil, dass sich nachweisen lies, dass der Lerneffekt nicht sonderlich lange anhält. Der Lerner verlernt die Verbindung also wieder äußerst schnell.

Für einen länger andauernden Lerneffekt sorgt die Quotenverstärkung. Sie gibt den Positiven Verstärker also immer erst frei, wenn das gewünschte Verhalten mehrmals gezeigt wurde. Wenn zum Beispiel sechs Runden gespielt wurden. Dies muss keine fixe Quote sein, man könnte auch sagen, dass der Spieler durchschnittlich jede sechste Runde verstärkt werden soll. So könnte er etwa nach der ersten und der zweiten Runde verstärkt werden, dafür dann die nächsten zehn jedoch nicht.

In meinem Beispiel eingangs findet eine Quotenverstärkung statt, wohingegen die Quote niemandem so wirklich bekannt ist. Mal bekommt man eine positive Verstärkung nach sechs Runden, mal bekommt man zwei positive Verstärkungen direkt hintereinander.

Fazit

Wir können also festhalten, dass Spiele psychologische Techniken benutzen um uns alle dazu zu bringen, dass Spiel möglichst regelmäßig zu spielen. Der größte Nutzen besteht für die Spieleplattformen natürlich darin, wenn die konditionierten Verhaltensweisen dazu führen, dass Spieler noch mehr Geld ausgeben um die Positiven Verstärker nutzen zu können. So zeigt sich dies bei den Kisten, die man ab und an für eine abgeschlossene Runde erhält. Die Spieler erhalten den positiven Verstärker, können ihn allerdings noch nicht so wirklich wahrnehmen. Damit sie aber ihren Verstärker komplett genießen können, müssen sie erst noch etwas kaufen. Der psychologische Trick hinter den Kisten ist sogar noch ein wenig komplexer, da hier Neugier eine weitere wichtige Rolle spielt und die selben Effekte wirken sollten, wie sie auch bei Glücksspiel wirken. Dazu werden wir aber zu gegebener Zeit einen weiteren Blogeintrag schreiben.

Für jetzt würde mich erst einmal interessieren, ob euch auch Spiele einfallen wo ihr durch operante oder klassische Konditionierung zum Spielen verleitet werdet. Die besten Kommentare werden wir in einem Blogpost oder Video zeigen und das Beispiel aufgreifen. Wir sind gespannt auf eure Erfahrungen!

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