was ist Schizophrenie

Was ist Schizophrenie? – Der ist ja Schizophren! … oder nicht?

Was ist Schizophrenie? Das Wort Schizophrenie kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Abspaltung der Seele“ oder auch „Spaltungsirresein“. Eine Person mit Schizophrenie ist also in ihrer Persönlichkeit gespalten. Im Fernsehen, in der Musik und Literatur wird Schizophrenie zumeist damit in Verbindung gebracht, dass ein Mensch verschiedene Persönlichkeiten hat. Diese Persönlichkeiten, kommen alle zu unterschiedlichen Zeitpunkten zum Vorschein und werden irgendwann wieder von einer anderen Persönlichkeit abgelöst. Frei nach dem Motto „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“. Diese weit verbreitete Wahrnehmung der Schizophrenie als Krankheit, die sich in der Beherbergung vieler Persönlichkeiten in einem Körper definiert, möchte ich mit diesem Blogpost Paroli bieten. Sie würde eher die Antwort auf die Frage geben: „Was ist Schizophrenie nicht?“. Wir stellen uns also die Frage: Was ist Schizophrenie dann?

Was ist Schizophrenie?

Es stimmt zwar, dass eine Person, die an Schizophrenie erkrankt ist, durchaus eine gespaltene Persönlichkeit hat, allerdings nicht mehrere Persönlichkeiten. Der Unterschied wird gleich noch deutlicher werden. Es ist eine Krankheit, mit einer Vielzahl äußerst Komplexer Symptommuster, die auf den ersten Blick nicht zwangsweise zueinander passend erscheinen. So liegen bei einer Schizophrenie in der Regel Störungen der Wahrnehmung, der Psychomotorik, des Denkens, der Affekte sowie des Antriebs vor. Obwohl sich die Symptome, nach dem erstmaligen Erleben, zumeist vollständig zurückbilden, ist die Krankheit nicht wirklich heilbar. So kommt es immer wieder zu Schüben, in denen die Symptome erneut erscheinen. Diese unregelmäßige, in Schüben verlaufende, Krankheitsform nennt man rezidivierend. Die genauen Symptome und ihre Ausprägung möchte ich in diesem Blogpost behandeln.

Wenn wir uns also die Frage stellen: „Was ist Schizophrenie“? Kann man das nicht in einem Satz beschreiben, denn in der Regel lassen sich die Symptomkomplexe in Positiv- und Negativsymptomatik einteilen. Dabei darf Positivsymptomatik keinesfalls mit einer Art Krankheitsgewinn, also mit Vorteilen, die man durch seine psychische Erkrankung erfährt, interpretiert werden. Sie umfasst Erlebens- und Verhaltensweisen, die, im Vergleich zu gesunden Menschen, eher übersteigert wirken, sie gehen über die üblichen Erlebens- und Verhaltensweisen hinaus. Wohingegen die Negativsymptomatik sich durch eine Herabsetzung oder Verarmung der psychischen Merkmale definiert. Zu der Positiv- wie Negativsymptomatik kommen ebenfalls zwei Psychomotorische Symptome hinzu. Werden wir aber doch zunächst noch ein wenig genauer und betrachten welche Symptome sich hinter den einzelnen Kategorien verstecken:

 Positivsymptomatik

Wahnideen

Der Wahn manifestiert sich in der Regel in der Gestalt der Paranoia. Dieser kann als Verfolgungswahn, Beziehungswahn oder Beeinflussungswahn, seltener als Größenwahn, auftreten. Das Ausmaß dieses Wahns kann selbstverständlich variieren. Ein Beispiel eines Verfolgungswahns, der sich jeglicher Rationalität entzieht, wäre die Vorstellung einer Person, die der festen Überzeugung ist, dass seine Schwiegermutter Privatermittler auf sie angesetzt hat, die sie auf Schritt und Tritt verfolgen. Diese Person wird Supermärkte meiden, weil die Privatermittler im Videoüberwachungsraum sitzen. Unter der Laterne steht ein in zivil gekleideter Ermittler und die sonst so nette Nachbarin wurde ebenfalls geschmiert um die Post abzufangen, bevor der Postbote sie einwerfen kann, weshalb die Person morgens bereits vor der Haustür auf den Postboten wartet um die Post persönlich anzunehmen. Dieser Wahn wird teilweise durch die schizophrenen Menschen ebenfalls als übertrieben angesehen und sie sind in der Lage einzusehen, dass die Schwiegermutter nicht mal die monetären Ressourcen hat um eine entsprechende Masse an Privatermittlern zu Beschäftigen, der Wahn bleibt aber dennoch und sie fühlen sich weiterhin verfolgt und lassen sich nicht davon überzeugen, dass die Nachbarin nicht die Post abfängt.

Halluzinationen

Wenn sich jemand die Frage stellt: Was ist Schizophrenie? Denkt er häufig zuerst an Halluzinationen. Die Halluzinationen sind in der Regel allerdings „nur“ akustischer Natur. Häufig genannt ist das hören von Stimmen, weshalb schizophrene Personen in den Medien häufig als mit sich selbst redend dargestellt werden. Tatsächlich ist das Hören von Stimmen allerdings nicht immer der Fall. Häufig werden auch nur Geräusche, wie ein Poltern oder Klappern wahrgenommen. Werden allerdings tatsächlich Stimmen gehört, unterhalten diese sich in der Regel über die Person selbst. Diese Gespräche müssen nicht mal negativer Natur sein, manch ein schizophrener Mensch genießt seine Stimmen regelrecht und verweigert eine Therapie mit der Begründung, dass er gut mit seinen Stimmen leben kann und sie ihm sogar bis zu einem gewissen Grad ans Herz gewachsen sind. Sie können allerdings auch destruktiver Natur sein und Befehle geben. Spätestens an diesem Punkt führt in der Regel, auch wegen der möglichen Aufforderung zum Mord, kein Weg an einer stationären Einweisung der Person in eine Psychiatrie vorbei, um die Halluzinationen, auch durch Medikamente, in den Griff zu kriegen. Interessant ist, dass diese Stimmen nicht, im klassischen Sinne, eingebildet sind. Es sind keine inneren Stimmen, sondern wirken wie tatsächliche akustische Reize, die von außen an die Person dringen. In bildgebenden Verfahren wurde festgestellt, dass exakt die selben Hirnareale aktiv sind, während schizophrene Menschen Stimmen hören, als wenn sie normale, real existierende, Stimmen hören. Diese Wahrnehmungen wirken also äußerst real, weil sie wie reale Stimmen verarbeitet werden.

Zerfahrenheit

Spätestens wenn man mit einem schizophrenen Menschen spricht, wird einem die Spaltung seiner Seele durch die Zerfahrenheit seiner Sprache auffallen. Zusammenhanglos werden Sätze aneinandergereit, einzelne Wörter oder Wortfetzen inmitten eines Satzes genügen um bereits eine neue Aussage zu beginnen. Da es ihnen, durch das Phänomen des Gedankenstops, nicht möglich ist Sätze zu Ende zu führen, haben sie häufig das Gefühl, dass eine äußere Macht sie daran hindert. Erschwerend zu den bereits spärlich miteinander assoziierten, in Worten gefasste, Gedankenfetzen, kommen Neologismen, also Wortneuschöpfungen als weiteres Hinderniss hinzu. Beispielsweise könnten die Wörter „Essen“ und „Hunger“ zu dem Neologismus „Esger“ verschmolzen werden, was nun wie jedes andere Wort im Satzgebilde verwendet wird. Somit ergibt sich eine Bizarrheit der Sprache, die für den Außenstehenden absolut unverständlich ist und sich jedem sinnvollen Inhalt entbährt.

Ichstörungen

Die Ichstörung ist ein äußerst schwer zu umreißendes Symptom. Im Endeffekt beschreibt es das Gefühl, dass die erlebte Realität nicht wahr ist, sie wird nicht als wirklich erlebt. Es zeugt auch von der mangelnden Fähigkeit sich von der Außenwelt abzugrenzen. Auch das so genannte „Gedankenlautwerden“ fällt in den Bereich der Ichstörung. Beim „Gedankenlautwerden“ haben die Betroffenen das Gefühl, dass sie ihre Gedanken nicht geheim halten würden und das Gegenüber ihn in einer gewissen Art und Weise lenkt.

Inadequate Affekte

Inadequate Affekte sind Affekte, die nicht zum gesagten passen. So könnte ein Betroffener eine traurige Geschichte eines schweren Schicksalsschlags erzählen und dich dabei anlächeln oder anfangen zu lachen. Gleichfalls könnte er in Situationen in denen er glücklich sein sollte, anfangen untröstlich zu weinen.

Negativsymptomatik

Affektverflachung

Obwohl Affektverflachung meistens erst im Verlaufe der Krankheit eintritt, soll sie doch genannt sein. Sie stellt eine gewisse Form der Einebnung von Emotionen dar. Ein Mensch der unter Affektverflachung leidet, empfindet also weder Glück noch Trauer. Er erlebt nur eine Form des gleichbleibenden Gemüts. Diese Nivellierung der Emotionen ist allerdings, wie bereits erwähnt, häufig das Resultat eines langen und rezidivierenden Krankheitsverlaufs.

Entschlusslosigkeit

Wie der Name schon sagt, kann ein Betroffener sich einfach nicht zwischen zwei Wahlmöglichkeiten entscheiden. Obwohl sich mit Sicherheit jeder schon das ein oder andere mal schwer dabei getan hat eine Entscheidung zu treffen, ist es mit einer krankhaften Entschlusslosigkeit nicht zu vergleichen. Bereits über Banalitäten wird sich die schizophrene Person eine gefühlte Ewigkeiten Gedanken machen. „Möchte ich mir ein Glas Apfelsaft, oder ein Glas Orangensaft einschenken? Ich glaube einen Apfelsaft, ich mag Äpfel. Aber Orangen sind ja auch nicht schlecht und Gesund. Das sind Äpfel aber auch, aber Äpfel haben Kerne, vielleicht doch lieber Orangen. Aber da gefällt mir die Schale nicht so und die hat ja auch Kerne. Einen Apfelsaft hatte ich allerdings schon lange nicht mehr, beim Orangensaft gefällt mir wiederum das Fruchtfleisch so sehr. […]“ So oder so ähnlich könnte der innere Monolog aussehen, wenngleich er hier natürlich nicht erschöpfend dargestellt ist. Schizophrene Menschen sind teilweise nicht in der Lage, selbst die banalsten Entscheidungen zu treffen, weil sie sich nicht zwischen Handlung A und Handlung B entscheiden können.

Sozialer Rückzug

Der soziale Rückzug beschreibt eine Reduzierung der Kontakte und Verbindungen in die Außenwelt und damit einhergehende Reduktion auf sich selbst. Häufig wird der Soziale Rückzug auch unter dem Begriff Autismus geführt. Der Betroffene interessiert sich somit in der Regel nur für sich selbst und achtet nicht auf sein Umfeld.

Antriebsarmut

Der Betroffene bewegt sich weniger und kann auch seltener dazu motiviert werden sich zu bewegen. Ihm fehlt es dementsprechend an dem nötigen Antrieb um aus eigener Kraft oder Motivation mit der Außenwelt zu interagieren.

Sprachverarmung

Bedingt durch die Antriebsarmut lässt sich vermutlich auch die Sprachverarmung erklären. Wenn der Betroffene zu wenig Antrieb hat um sich zu bewegen, wird er ab einem gewissen Punkt auch nicht ausreichend Antrieb haben um den komplexen und schwierigen Sprechvorgang durchzuführen. Dadurch lässt sich vermehrt feststellen, dass der Betroffene weniger redet, bis er zum Schluss nahezu gänzlich schweigt.

Psychomotorische Symptome

Katatone Erregung

Hier verfügt der Betroffene über eine übermäßige motorische Vitalität. Diese drückt sich unter anderem darin aus, dass die Person absolut rastlos umherläuft, rhythmisch seinen Körper bewegt oder Auffälligkeiten in der Wiederholung gewisser sprachlicher Ausdrücke. Auffällig ist dabei, mit was für einer geringen Abwechslung diese Aktionen vollzogen werden. Immer wieder wird der Betroffene die selben drei Schritte auf und ab gehen, immer wieder mit seinem Körper vor und zurück wippen.

Katatoner Stupor

Bei dem Katatonen Stupor ist der schizophrene Mensch nicht in der Lage sich zu bewegen, ist allerdings dennoch bei vollkommen klaren Bewusstsein. Eine äußerst interessante Sonderform des Katatonen Stupors ist die Katatonie. Hier kann der Betroffene in jegliche, auch gänzlich unphysiologische, Positionen, ohne Aufwand, gebracht werden. Die betroffene Person hält diese Position, bis sie in eine andere Position gebracht wird. Sie hat nicht die Möglichkeit sich, aus eigenen Stücken, aus dieser Situation zu befreien. Der Katatone Stupor birgt eine große Gefahr für das Leben des Betroffenen. Fieber ist eine häufige Belgiterscheinung des Katatonen Stupors, sobald der Stupor mit Fieber einhergeht, spricht man von einem malignen Stupor. Die Kombination aus Fieber und der Unfähigkeit zur selbstständigen Bewegung macht deutlich, warum hier die Gefahr so groß ist. Ist die Person nicht in stationärer Behandlung, könnte sie in ihrer Wohnung an Fieber sterben. Bei vollem Bewusstsein. Unfähig sich zu bewegen.

Fazit

Also: Was ist Schizophrenie? Schizophrenie ist etwas vollkommen anderes als eine gespaltene Persönlichkeit, wo mehrere Charaktere einen Körper bewohnen. Schizophrenie ist ein Verbund verschiedenster Symptome, die zusammengenommen eine theoretisch sehr interessante Krankheit ergeben. In den nächsten Blogposts werden wir uns mit der Entstehung der Schizophrenie (der Ätiologie) und mit der Behandlung der Schizophrenie auseinandersetzen. Schreibt uns doch einfach in die Kommentare, was euch noch zur Schizophrenie interessieren würde? Könntet ihr jetzt antworten wenn euch jemand fragt: „Was ist Schizophrenie?“. Welche Fragen stellt ihr euch noch dazu? Was blieb ungeklärt? Wenn du dich weiter für die Thematik der Psychischen Störungen interessierst, möchte ich dir folgendes Buch ans Herz legen:

Psychische Störungen: Symptomatologie, Erklärungsansätze, Therapie

2 comments

  1. Ein sehr interessanter Text. Soweit ich weiß kann Schizophrenie auch durch Cannabis oder andere Drogen ausgelöst werden wie sehe sowas aus und müsste ein Land wie Holland nicht Dutzend Menschen haben die Cannabis Psychosen erlitten haben?

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