Experimente an Kindern – Die Monster Study

Die Monster Study ist eine der dunkelsten Studien in der Geschichte der Psychologie. Die Studie wurde im Rahmen einer Masterarbeit durch Mary Tudor durchgeführt und von Prof. Wendell Johnson begleitet. Die Studie nahm ein solches Ausmaß an, dass Johnson diese verschweigen wollte und nie veröffentlichte. Erst Jahrzehnte nach seinem Tod kam diese Studie ans Licht.

Inhalt der Monster Study

1939, wo die Studie durchgeführt wurde, gab es keine Einigkeit darüber, warum Kinder stotterten. Eine prominente Meinung war, dass Stottern angeboren sei, es somit genetisch vorgegeben ist ob ein Kind nunmal stottert oder nicht. Mary Tudor glaubte nicht daran und fand durch Wendell Johnson einen Unterstützer. Er schrieb später, wohl auf Grundlage dieser Studie, eine neue Theorie, die seither vorherrschend ist. Die Studie sollte die gegenläufige Meinung verstärken, dass Stottern angelernt ist. Dass ein Kind, wenn es negative Rückmeldungen erhält, anfangen wird verstärkt auf seine Sprache zu achten und als Folge daraus anfangen wird zu stottern.

Durchführung der Monster Study

Mary Tudor nahm diese Annahme zur Grundlage ihrer Studie. Sie ging in ein Veteranen Waisenhaus und rekrutierte 24 Kinder. Diese Kinder sollten die Versuchspersonen in ihrem Experiment werden. Die Hälfte der Kinder wurde weiterhin normal behandelt, die andere Hälfte der Kinder bekam allerdings eine andere Behandlung. Die Gruppe der Kinder war durchaus durchmischt was die Sprachfähigkeit anging. Sechs der zwölf Kinder konnten vollkommen altersgerecht sprechen, die anderen Sechs zeigten jedoch gewisse Sprachauffälligkeiten, die man als Stottern beschreiben könnte. Ungeachtet jedoch der Sprachfähigkeit wurde den Kindern gesagt, dass sie aufpassen müssten wie sie sprechen würden, weil sie stottern würden. Frau Tudor sagte den Kindern, gemäß ihrer Masterarbeit, also dass sie große Probleme mit dem Sprechen hätten. Das Ausmaß der Unterbrechungen im Sprachfluss seien nicht normal und würden darauf hindeuten, dass sie zu Stotterern werden. Sie sollten ihre Willenskraft benutzen und nur noch reden, wenn sie sich komplett auf ihre Sprache konzentrieren. Sie sollten aufhören zu reden, wenn sie einen Fehler machten und dann von vorne beginnen. Sie würden doch Kind XY kennen der Stottert und bestimmt nicht wollen wie Kind XY zu werden. Sie sollten alles dafür geben nicht mehr zu stottern. Sie sollten sich stärker darum bemühen nicht zu stottern. Sie sollten niemals sprechen, wenn sie sich nicht sicher seien es richtig zu machen. Sie sollten ihre Sprache jede Minute kontrollieren und sie unbedingt verbessern. Was auch immer sie täten, sie müssen flüssig sprechen und sämtliche Unterbrechungen verhindern.

In ähnlicher Weise wurden die Lehrer eingewiesen. Diesen wurde gesagt, dass die Kinder stottern würden und das die Lehrer unbedingt darauf achten müssten, dieses Stottern zu unterbinden. Sie sollten die Kinder unterbrechen wenn sie eine Unterbrechung im Sprachfluss zeigten oder zögerten und die Kinder von vorne beginnen lassen.

Auswirkungen der Monster Study

Die Kinder standen also unter durchgängiger Beobachtung durch Lehrer und sich selbst. Das führte dazu, dass sie schon sehr bald anfingen ihr Verhalten zu ändern. Bereits bei dem ersten Besuch nach einem Monat zeigten die Kinder der Gruppe starke Verhaltensauffälligkeiten. Obwohl die Kinder zwischen Fünf und 15 Jahre alt waren, zeigten sich konstant Veränderungen. Alle Kinder fingen an seltener zu sprechen, die Sprachgeschwindigkeit nahm ab und die Sätze wurden deutlich kürzer. Manche Kinder würden sich komplett weigern zu Sprechen und stattdessen den Arm oder die Hände vor den Mund halten. Ein 15 jähriges Mädchen zeigte Verhaltensweisen die an Ticks grenzten. Sie fing an mit den Fingern zu Schnippsen. Sie wurde dann gefragt, warum sie so häufig „a“, also Englisch für „ein“, sagen würde. Sie sagte, dass sie es so oft sagt, weil sie Angst hätte, das nachfolgende Wort würde nicht richtig heraus kommen. Auf die Frage, warum sie dann so oft Schnippsen würde, sagte sie, dass sie schnippst um nicht andauernd „a“ zu sagen. Andere Kinder berichteten, dass die Wörter einfach nicht mehr rauskommen wollten. Sie würden im Hals stecken bleiben, als ob zu viel Furcht davor bestünde einen Fehler zu machen.

Das Experiment hatte enorme Auswirkungen auf das Leben der Kinder. Obwohl diese vor Beginn des Experiments normal sprechen konnten, haben sie am Ende des Experiments, welches mehrere Monate andauerte, gestottert. Dieses Ergebnis ging an Mary Tudor nicht einfach vorbei. Sie schien sich schuldig zu fühlen, weshalb sie nach Abschluss des Experiments noch regelmäßig vorbei schauen würde um eine Nachversorgung anzubieten.

Folgen der Monster Study

Die Studie wurde, wie bereits angemerkt, nicht veröffentlicht. Auf Grundlage dieser, schrieb Johnson seine neue Theorie über das Stottern. Andere Forscher schienen von dieser Studie gewusst zu haben, verzichteten jedoch ebenfalls darauf sie zu nennen um Johnson nicht bloß zu stellen.

Die Kinder jedoch mussten mit den Folgen leben. Ihnen wurde nach dem Experiment nicht gesagt, dass sie Teil eines Experiments waren. Die Lehrer wussten ebenfalls nicht davon, dass sie instrumentalisiert wurden und die negative Verstärkung für die Kinder aufrecht erhielten. Die Folgen des Experiments waren so schwerwiegend, dass die Kinder sich zum größten Teil auch nach dem Experiment nicht vom Stottern befreien konnten. Sie stotterten auch als Erwachsene weiter, unwissend der Gründe für ihre Stottern. Als die Studie dann endlich veröffentlicht wurde, erhielten die Teilnehmer Klarheit darüber was geschehen ist und warum sie ihr Leben lang mit dieser Beeinträchtigung leben mussten. Sie schafften es 925.000$ Entschädigung für ihre Leiden zu erwirken.

925.000$ für 60 Jahre in denen es Ihnen nicht möglich war normal zu kommunizieren. Für 60 Jahre in denen sie Schüchtern und zurückgezogen gelebt haben. Ein schwacher Trost für ein Leben das durch fremde Einflüsse eingeschränkt wurde.

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