Bier. Wenig wird so sehr mit dem „Deutschen“ verbunden, wie ein kühles Blondes. Doch der im Bier enthaltene Alkohol ist tückenhaft und trägt den Dolch im Gewande. Da Alkoholsucht zu einer der Süchte gehört, die weit verbreitet ist und ebenfalls häufig unentdeckt bleibt, möchte ich mich im Folgenden mit Alkohol, Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit auseinandersetzen.
Der Alkoholkonsum
Alkohol wird in der Regel zu so gut wie jedem sozialen Ereignis konsumiert. Es wird im Fußballstadion getrunken, bei Spieleabenden konsumiert und teilweise ist der Griff zur Flasche auch alleine vor dem Fernseher nicht weit. Es ist sozial absolut anerkannt Alkohol zu konsumieren und man wird in der Regel sogar komisch angeschaut, wenn man keinen Alkohol trinkt. Alles Faktoren, die einer Alkoholabhängigkeit zuträglich sind.
Die Wirkung von Alkohol hängt zu großen Teilen auch von der Stimmung des Konsumenten ab. Häufig wird von einer sedierenden Wirkung gesprochen und viele trinken ein Bier vor dem Schlafengehen, um ausreichend müde zu sein. Aber in kleinen bis mittleren Dosen ist teilweise auch eine antriebssteigernde Wirkung zu erkennen, wenn man beispielsweise auf eine Party gehen möchte.
Die sedierende Wirkung des Alkohols führt zu einer Verminderung von Angst und Unruhe. Dies ist die häufig als „enthemmend“ beschriebene Wirkung. In größeren Mengen wirkt es dann eher einschläfernd und kann gar bis zur Bewusstlosigkeit oder zum Tod führen. Dazu ist ein Promillewert von 3 Promille erforderlich, dieser wird häufig gar nicht erst erreicht, weil der Konsument vorher einschläft.
Erste Einschränkungen zeigen sich allerdings bereits bei 0,3 Promille. Hier verliert der Konsument bereits einiges an Reaktionsvermögen und Feinmotorik, weshalb der Gesetzgeber das Fahren von Autos ab diesem Wert verbietet. Da diese Werte allerdings immer nur grobe Schätzungen abgeben und ein gewisser Verlust der Fähigkeiten bereits bei weniger Promille vorhanden ist, sollte man das Fahrzeug generell lieber stehen lassen, sobald man ein wenig Alkohol getrunken hat.
Ab 1 Promille kommt es dann bereits zusätzlich zu Gleichgewichtsstörungen und Problemen des räumlichen Sehens. Ab 1 – 2 Promille zeigt sich eine starke Enthemmung und weitere Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit. Dazu wird das Reaktionsvermögen überaus stark negativ beeinflusst. Hinzu zeigen sich besonders nach außen hin eine Unsicherheit des Gehens und eine undeutliche (lallende) Sprache. Bei über 2 Promille schlägt euphorische Stimmung häufig in depressive Stimmung über und wird irgendwann von tiefem Schlaf oder der Bewusstlosigkeit abgelöst.
Je nach Stimmung kann sich ein euphorisierender Effekt einstellen. Die Konsumenten überschätzen sich während dieser euphorisierenden Phase und halten sich dementsprechend häufig noch in der Lage zu fahren, obwohl sie dies wirklich nicht mehr sicher können. Dieser euphorisierende Effekt ist der Bildung von Alkoholabhängigkeit äußerst zuträglich. Viele Menschen möchten dieses Gefühl alles zu können immer häufiger haben und müssen dafür nunmal immer mehr Alkohol konsumieren.
Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit
Wo der „normale“ Alkoholgenuss nun in Alkoholabusus, schädlichen Gebrauch oder gar zum Abhängigkeitssyndrom übergeht, definiert das Klassifikationssystem ICD-10 (S. 98) genauer. Demnach impliziert der schädliche Gebrauch eine Nutzung von Alkohol, die zu einer Schädigung der Gesundheit führt. Wer also billigend negative Folgen für seinen Körper durch den Konsum von Alkohol in Kauf nimmt, bewegt sich im Rahmen des schädlichen Gebrauchs und würde mit der ICD-10 Klassifikation F10.1 kodiert werden. Bei der Alkoholabhängigkeit oder dem Abhängigkeitssyndrom müssen allerdings noch einige Punkte mehr erfüllt sein. Hierbei geht es vor allem auch um bestimmte Verhaltensweisen und kognitive Phänomene. Der Alkoholkonsum ist den Betroffenen dann häufig wichtiger als andere Ereignisse, auch wenn diese für die Person früher mal einen hohen oder höheren Stellenwert hatten als der Alkohol.
Um eine genauere Einordnung und Abgrenzung zu ermöglichen, werden sechs Kriterien angegeben, wovon wenigstens drei Stück innerhalb eines Jahres, zur selben Zeit aufgetreten sein müssen.
1. Craving
Craving beschreibt einen starken Wunsch danach die Substanz einzunehmen. Dieses Craving kann dabei so stark sein, dass sich die gesamten Gedanken des Konsumenten nur auf das Suchtmittel beschränken.
2. Kontrollverlust
„Ich kann aufhören wann ich will“ ist einer der Sprüche, die man häufig von Alkoholabhängigen hört. Doch häufig ist dies nicht der Fall. Wo es früher noch möglich war nach einem Bier aufzuhören, fehlt diese Kontrolle nun beim Alkoholabhängigen. Er hat Probleme, seinen Konsum zu kontrollieren.
3. Physiologische Entzugserscheinungen
Wer aufhört ein Suchtmittel zu konsumieren hat auf jeden Fall psychologische Entzugserscheinungen, weil er seine Gewohnheiten völlig auf den Kopf stellen muss. Doch sobald auch körperliche Entzugserscheinungen auftreten, kann dies zu einem Problem werden. Besonders bei Alkohol kann es zum Delirium tremens kommen.
4. Toleranzentwicklung
In gewissen Maßen ist eine Toleranzentwicklung von Alkoholkonsumenten gewünscht. „Der verträgt nichts“ ist ein Spruch den man häufig nicht in seine Richtung gerichtet haben möchte. Eine Toleranzentwicklung liegt dann vor, wenn zur Erreichung des selben Zustands mehr Rauschmittel konsumiert werden muss. Wer also inzwischen drei statt ein Bier braucht um sich lockerer zu fühlen, hat eine Toleranz gegenüber Alkohol aufgebaut.
5. Vernachlässigung anderer Aktivitäten
Wer andere Aktivitäten, besonders wenn ihm diese früher Freude bereitet haben, vernachlässigt um Alkohol zu konsumieren, der erfüllt dieses Kriterium. Dies kann sich auch in kleinen Dingen zeigen. Man geht zum Beispiel nicht auf die Geburtstagsparty von Tante Emma, weil jeder weiß, dass sie großen Wert auf ihre Gesundheit legt und man da nicht mal ein „kleines Bierchen“ bekommen kann. Stattdessen schaut man dann lieber „FuBa“ mit den Freunden bei einem Kasten Bier und Chips.
6. Konsum trotz schädlicher Folgen
Wer mit absoluter Sicherheit weiß, dass der Alkohol schädliche Folgen für ihn hat und trotzdem weiter konsumiert, erfüllt dieses Kriterium. Spätestens Ärzte werden einem Menschen, der in Verdacht steht der Alkoholabhängigkeit zu verfallen, sagen, dass er seinem Körper durch den Konsum schadet. Ein Alkoholabhängiger wird darauf allerdings selten hören und einfach weitertrinken.
Fazit Alkoholabhängigkeit
Dies war ein kleiner Überblick über die Substanz Alkohol, seine Wirkung und die Abgrenzung zum Abhängigkeitssyndrom. Noch nicht geklärt haben wir, warum Menschen überhaupt in die Alkoholabhängigkeit verfallen. Dazu gibt es einige psychologische Erklärungsansätze, denen ich einen eigenen Blogartikel zuschreiben möchte. Alkohol ist gerade wegen seiner großen sozialen Akzeptanz absolut verharmlost. Es gehört ja irgendwie zur Gesellschaft dazu und ein Verbot hat in Amerika die organisierte Kriminalität in die Höhe getrieben. Durch eine entsprechende Aufmerksamkeit auf die Kriterien, kann allerdings häufig früh genug interveniert werden, um eine Alkoholabhängigkeit zu vermeiden.
Wer sich mehr mit dem und anderen Themen der klinischen Psychologie vertiefend auseinandersetzen möchte, kann ich folgendes Buch, was uns durch unser Studium begleitet hat und das die Grundlage für diesen Artikel bildet, ans Herz legen:
Psychische Störungen: Symptomatologie, Erklärungsansätze, Therapie
Weitere Quellen:
ICD-10 Internationale Klassifikation psychischer Störungen. Kapitel V (F). 7. Auflage (hrsg. von Dilling, H., Mombour und W. & Schmidt, M. H., 2010). Bern: Huber (s. auch Dilling et al., 2010).